Erst fliegen die Fetzen – dann wird´s teuer

Coronastress, Scheidung, Vorfälligkeitsentschädigung?

Es wird ja viel darüber spekuliert, wie sich der Dauerlockdown auf unser Privatleben auswirkt. Über eine höhere Geburtenrate genauso wie über den Anstieg der Scheidungszahlen. Kaum ein buntes Magazin, das nicht Tipps gibt, wie Paare diese Zeit unbeschadet überstehen. Fakt ist jedoch: Die Scheidungsrate soll laut Expertenaussagen tatsächlich ansteigen. Und was schmerzhaft für die Seele ist, kann auch im Portemonnaies sehr weh tun. Denn wenn sich Paare trennen, ist das meist mit hohen Kosten verbunden. Oft stellt sich auch die Frage, was wird aus der gemeinsamen Immobilie? Denn nicht selten ist die Eigentumswohnung oder das Haus während der Ehe gekauft worden und beide Ehepartner sind Darlehensnehmer. Was geschieht aber nun mit dem gemeinsamen Darlehen, wenn privat die Wege auseinandergehen? 

Muss oder soll die Immobilie aufgrund der Trennung verkauft werden, besteht zumindest das Recht das Darlehen zu kündigen. Das heißt, die Bank muss die Darlehensnehmer aus dem Kreditvertrag entlassen. Sollte einer der Partner die Immobilie behalten und alleine weiter finanzieren wollen, muss die Bank eine Vertragskündigung jedoch nicht akzeptieren. Wenn beide nicht gemeinsam Kreditnehmer bleiben möchten, lohnt es sich aber zu verhandeln. Ist die Bonität auch eines Darlehensnehmers alleine gut genug, kann die Bank die Kündigung des alten und den Abschluss eines neuen Darlehens anbieten, sie muss es aber nicht. In beiden Fällen besonders schmerzhaft: Sowohl beim Verkauf als auch bei der Schuldhaftentlassung eines Kreditnehmers und damit verbundener Kündigung fällt eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung an.

Aber was genau bedeutet Vorfälligkeitsentschädigung überhaupt? Das entgangene Zinsgeschäft lässt sich die Bank bezahlen. Und das nicht schlecht. Über den Daumen kann man mit sechs bis zehn Prozent der Restschuld kalkulieren. Das Problem ist, dass es in Deutschland bis heute keine verbindlichen Vorgaben über die Berechnung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung gibt, es existieren lediglich Leitlinien. Allerdings ist die Bank verpflichtet die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung anzugeben. Zumindest weiß man dann schon mal, womit man rechnen muss, wenn der Haussegen schief hängt. Der Betrag setzt sich zusammen aus der Restlaufzeit des Darlehens, dem vereinbarten Zinssatz und dem aktuellen Zinsniveau. Wenn das Glück also nur von kurzer Dauer war und Sie einen Kreditvertrag mit 10 jähriger Sollzinsbindung nach drei Jahren kündigen, weil Sie das Haus verkaufen wollen oder müssen, werden die gesamten Zinsen für die restlichen sieben Jahre Laufzeit fällig. Anders stellt sich die Sache dar, wenn Sie einen Kreditvertrag haben, der schon länger als 10 Jahre läuft. Hier können Sie mit einer sechsmonatigen Frist kündigen, ohne dass die Bank Ihnen eine Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen darf.

Endet der Traum vom glücklichen Paarleben in der gemeinsamen Immobilie aber vorher und will man aus dem Kreditvertrag raus, wird es meist teuer. Wer glaubt besonders schlau zu sein und einfach die Raten nicht mehr zu zahlen damit die Bank den Vertrag kündigt, verschafft sich keinen Vorteil. Denn dann verlangt die Bank ebenfalls eine Entschädigung. Die heißt zwar nicht Vorfälligkeitsentschädigung sondern nennt sich Erfüllungsschaden, wird aber mindestens genauso teuer. Denn der Bank entsteht ein vergleichbarer Schaden, wie bei einer vorzeitigen Kündigung durch die Darlehensnehmer.

Wer nicht schon über zehn Jahre Kreditlaufzeit hinter sich hat, für den wird es also schwer die Vorfälligkeitsentschädigung zu umgehen. In einigen Fällen ist es aber möglich, zum Beispiel bei fehlerhaften Verträgen. Fehlen dort Angaben etwa zur Laufzeit, zum Kündigungsrecht oder zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung oder sind diese unzureichend darf die Bank keine Ausgleichzahlung verlangen. Das gilt aber nur für Verträge, die nach dem 21.3.2016 geschlossen wurden. Für Verträge, die zwischen dem 11.6.2010 und dem 20.3.2016 geschlossen wurden, gilt, dass Kunden ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden. Ist das nicht der Fall können die Banken auch hier keine Vorfälligkeitsentschädigung im Falle einer Kündigung verlangen. Deshalb lohnt es sich in diesem Fall einem Rechtsanwalt den Vertrag zur Prüfung vorzulegen.

Wir hoffen natürlich sehr, dass Ihnen der Lockdownkrach und die Coronascheidung oder –trennung erspart bleibt. Wer weiß, viele Paar finden vielleicht auch wieder mehr zusammen, wenn die Ablenkung draußen fehlt und sie mehr Zeit zuhause miteinander verbringen. Fakt ist aber leider auch, die letzte erfasste Scheidungsrate lag bei knapp 36 Prozent – und das war vor Corona. Eine Scheidung tut nicht nur weh, sondern ist also meist richtig teuer, gerade wenn eine gemeinsame Immobilie im Spiel ist. Da hat jeder, der seine Ehe oder Partnerschaft retten kann doppelt Glück.

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Mieten oder kaufen – was ist besser?